Kamera

Hinter diesem etwas irreführenden Begriff verbergen sich bei Sketchup alle die Funktionen, die etwas mit statischen und bewegten Ansichten und deren Ausgabe zu tun haben. Das Programm trennt einzelne Werkzeuge dabei leider nicht immer logisch. Und auch die Tutorials bei Google tun das nicht. Deshalb folge ich hier mal meinem eigenen Verständnis von Ordnung. Wenn’srecht ist?

Grundsätzlich ist die Kamera hier das, was bei einer üblichen Perspektive der Betrachter ist. Als in der Renaissance die Gesetzmäßigkeiten der Perspektive systematisch untersucht wurden kam es immer darauf an zu zeigen, wie und warum sich Ansichten ändern, wenn der Betrachter seinen Standort ändert. Die Subjektivität der Wahrnehmung objektiver räumlicher Situationen hat die Künstler fasziniert. Wie unterschiedlich wirken dargestellte Personen, wenn  ich sie in der Untersicht darstelle, oder in der Draufsicht? Von wo aus habe ich die besonders pittoreske Sicht auf eine Stadtlandschaft? Wie platziere ich den Betrachter, damit er die Szene überschauen kann?

Und durch die Erfindung des Films und der Fotografie wurden diese Fragen für noch mehr Menschen interessant. Die Kamera als Stellvertreter des Betrachters. Das filmsprachliche Mittel der subjektiven Kamera geht da konsequent auf diese Möglichkeiten ein. Aber auch der Amateurfotograf ist schon ambitioniert genug, erst einmal die Szene aus verschiedenen Blickwinkeln im Sucher seiner Kamera zu kontrollieren, bevor er auslöst. Sicher, heute, in Zeiten digitaler Bilderfluten, weniger denn je. Als man jede Aufnahme teuer bezahlen musste, ging man bewusster bei der Auswahl und Einstellung vor…

So ist es also auch bei Sketchup die Kamera, die uns als Betrachter die dreidimensionalen Modelle vermittelt. Es ist dabei hilfreich sich zumindest einige wenige Eigenschaften der unterschiedlichen Perspektiven und Nutzungsmöglichkeiten klar zu machen.

Alle Perspektiven sind Projektionen einer räumlichen Welt auf eine Bildebene. Dies wusste schon Albrecht Dürer, der dies in seinem Buch von der Messung sehr gründlich untersuchte. Hier zeigt er einen Künstler bei der Arbeit. Die schwierigen Verkürzungen, die dadurch entstehen, dass Körperteile nicht parallel zur Bildebene angeordnet sind, erfasst er über ein Raster, mit dem die zwischen Künstler und Modell gestellte Bildebene und sein Zeichenpapier eingeteilt sind.

Albrecht Dürer - Perspektive 01

Der Dorn vor seinem Auge fixiert den Standort oder genauer Augpunkt. So kann nach einer Unterbrechung die Arbeit wieder fortgesetzt werden, ohne dass sich unterschiedliche Blickwinkel in einer Darstellung stören. Im Prinzip muss man sich ausgehend von jedem Punkt des Modells einen Projektionsstrahl vorstellen, der ins Auge des Betrachters fällt und auf dem Wege dorthin die Bildebene durchstößt. Dies ist das Abbild des entsprechenden Punktes.

Albrecht Dürer - Perspektive 2

Hier führt uns Dürer dies ganz pragmatisch vor. Die Projektionsstrahlen werden durch den mit einem Senklot straff gehaltenen Faden simuliert (Wandhaken = Augpunkt!), dessen Ende mit Hilfe eines Stifts bestimmte Punkte am Objekt markiert. Die aufklappbare Bildebene hat ein verstellbares Fadenkreuz, das den Durchstoßpunkt der Strahlen fixiert. Wird der Rahmen zugeklappt kann dieser auf das Zeichenpapier übertragen werden. Ein mühsames Verfahren, wie man sich unschwer vorstellen kann! Aber so und nicht anders werden auch in der digitalen Welt Perspektiven erzeugt!

Die Beispiele verkörpern die Fluchtpunktperspektiven, bei denen die Projektionsstrahlen auf bestimmt Punkte fluchten. Es gibt aber auch das Konstrukt der Parallelperspektiven, bei denen die Projektionsstrahlen parallel verlaufen! Treffen sie senkrecht auf die Bildebene, dann wird aus einem Würfel, dessen eine Seite in der Bildebene liegt, ein Quadrat. Die entsprechenden vorderen und hinteren Punkte und verbindenden Kanten, die so genannten Tiefenlinien,  fallen zusammen, da auch sie senkrecht zur Bildebene verlaufen. Diese Art der Projektion kennt Sketchup auch. Sie heißen dort Standardansichten!

Treffen die parallelen Projektionsstrahlen nicht senkrecht auf die Bildebene, dann wird jeder einzelne Eckpunkt des Würfels auch getrennt dargestellt. Man kann sich das mit einem Schattenwurf vor Augen führen. Da viele technische Berufe diese Darstellungsweisen von Körpern nutzen, sind sie auch nach DIN genormt. Sketchup kennt nur eine von vielen möglichen, die Isometrie, und nennt sie parallele Projektion. Eine etwas ungenaue Benennung, da dies ein Sammelbegriff für ganz unterschiedliche Perspektiven ist!

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